Die Bundesstadt Bonn ist eine Großstadt mit rund 327.000 Einwohner_innen. Aufgrund der einstigen Stellung als Bundeshauptstadt sind in Bonn auch nach der Verlegung des Regierungssitzes nach Berlin viele Ministerien ansässig, was sich grundsätzlich positiv auf die Wohn- und Beschäftigungsverhältnisse auswirkt. Die 65 statistischen Stadtbezirke umfassen Sozialräume in sehr guter Lage, jedoch auch Stadtteile, die hinsichtlich der Wohn-, Ausbildungs- und Beschäftigungssituation als sogenannte „Brennpunkte“ identifiziert werden.
Im Projekt BILDUNG(S)GESTALTEN kooperierten am Standort Bonn zwei große Träger: Die Jugendfarm Bonn e.V. und die Caritas für die Stadt Bonn e.V. Eine Besonderheit des Standortes zeigte sich in den verschiedenen Reichweiten der teilnehmenden Träger. Während dem Caritas Jugendzentrum „Uns Huus“ ein eindeutiger Sozial- und Bezugsraum zuzuordnen ist, ist die Jugendfarm Bonn e.V. mit ihren Standorten der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, den Offenen Ganztagsgrundschulen sowie den Standorten des Fachbereiches Hilfen zur Erziehung in vielen Stadtteilen Bonns vertreten. Daraus ergab sich zu Beginn des Projektes die Herausforderung einzelne Wirkungsorte zu bestimmen. Zwar waren in der gesamten Stadt Bedarfe festzustellen, jedoch wurde schnell deutlich, dass diese durch das Projekt weder aus inhaltlicher noch aus ressourceneffizienter Sicht zu bedienen waren.
Bei der Auswahl der Wirkungsorte für das Projekt spielten unterschiedlichste Zielsetzungen und Erwartungen eine Rolle. Bereits bestehende Vernetzungen der am Projekt beteiligten Einrichtung und Träger als Anknüpfungspunkte für geplante Aktivitäten führten schließlich zur Auswahl zweier Stadtteile: Zum einen der Stadtteil Bonn-Auerberg, welcher an das Jugendzentrum „Uns Huus“ und dessen direkten Sozialraum angrenzt, und zum anderen ein Sozialraum im Stadtbezirk Beuel, in dem die Jugendfarm als Träger an zwei Schulen tätig ist.
Durch die fachlichen Auseinandersetzungen mit Konzepten zu Kommunalen Bildungslandschaften entwickelten die Beteiligten des Standortes zudem das gemeinsame Profilthema „Freiraumentwicklung“. Mit dieser thematischen Ausrichtung gelang es einerseits, die Inhalte an den Wirkungsorten einzugrenzen und andererseits, fachliche Standpunkte in der gesamten Stadt zu vertreten. Im Laufe des Projektes hat der Standort Bonn eine besondere Expertise in diesem Thema entwickeln können.
Aufgrund der doppelten Trägerschaft war eine intensive interne Vernetzung beider Träger untereinander eine wichtige Voraussetzung für das Gelingen des Projektes. Dabei stellte die Größe des Trägers „Jugendfarm“ eine eigene Herausforderung dar. Darüber hinaus ging es darum, alle Beteiligten am Standort „an einen Tisch zu bringen“ um einen regelmäßigen Austausch zu ermöglichen. Dieser „Runde Tisch“, der sich aus den Vertreter_innen des Jugendzentrums „Uns Huus“, der Jugendfarm sowie dem ABA Fachverband als Dachverband der Jugendfarm zusammensetzte, arbeitete sich fachlich in die pädagogischen Inhalte von Konzepten zu Kommunalen Bildungslandschaften ein und entschied über die strategische Ausrichtung des Standortes.
Mit dem Ziel, die Bildungsangebote für Kinder, Jugendliche und Familien vor Ort durch neue und weitere Kooperationen zu erweitern, wurden in unterschiedlichen sozialraumorientierten Arbeitskreisen und Netzwerken neue Ideen und Aktionen zur Verbesserung der Bedingungen des Aufwachsens für Kinder und Jugendliche entwickelt.
Ein Beispiel hierfür stellte ein Netzwerk zum „inklusiven Raum“ dar. Diese Runde gab es bereits vor dem Projekt BILDUNG(S)GESTALTEN, hatte sich jedoch aufgrund von fehlenden Ressourcen ein Jahr nicht getroffen. Mit dem Projekt am Standort wurde dieses Netzwerk „wiederbelebt“. Mitarbeiter_innen und Leitungen von insgesamt neun Bildungseinrichtungen sowie Vertreter_innen der Stadt erarbeiteten Projekte, die zum Ziel hatten, Orte der Begegnung für Kinder und Jugendliche aus unterschiedlichen Einrichtungen und Schulen zu schaffen und damit Barrieren abzubauen. Ein regelmäßiger intensiver Austausch der Fachkräfte auf moderierten Netzwerktreffen beförderte diese Zusammenarbeit.
Angebote
Das pädagogische Schwerpunktthema „Freiraumentwicklung“ stellte eine Art Leitfaden für den gesamten Projektstandort dar. Alle Projekte in Bonn zeichneten sich durch eine inhaltliche Ausrichtung auf dieses Thema aus.
So entstanden zum einen partizipative Gestaltungsprojekte zur Schaffung neuer Freiräume: Das Außengelände des Jugendzentrums wurde gemeinsam mit den beteiligten Kindern und Jugendlichen gestaltet und ein Schulhof während der Ferienzeit durch Spielangebote belebt. In einem Projekt zu Naturerlebnisräumen an der Schule haben sie auf einer an das Schulgelände angrenzenden Wiese Obstbäume und Sträucher gepflanzt, einen Bauwagen bemalt und ausgebaut, eine Feuerstelle gestaltet, einen Schulgarten nach ihren eigenen Vorstellungen angelegt und eine – nicht nur symbolische – Brücke gebaut.
Mit der Initiierung eines Shuttle-Services wurde zum anderen ein Projekt entwickelt, das Kindern den Zugang zu einem bereits bestehenden, aber aufgrund einer fehlenden direkten Buslinie nicht erreichbaren Freiraum schafft.
Öffentlichkeit
Mit dem Thema Freiraumentwicklung wurde in Bonn ein wichtiger inhaltlicher Schwerpunkt gesetzt und durch Vorträge und Präsentationen in unterschiedlichsten Gremien stadtweit verbreitet. Indem vorhandene Strukturen der Kommune sowie der ansässigen Träger und Institutionen hinterfragt wurden, stießen die Beteiligten des Projektes BILDUNG(S)GESTALTEN Veränderungen an und überlegten, wie Freiräume systematischer in Kommunale Bildungslandschaften integriert werden können. Dabei ging es beispielsweise um die Reflexion des Bildungsverständnisses in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit, um die Weiterentwicklung gelingender Strukturen und Ansätze von Partizipation sowie die Vertretung und Schaffung von kinder- und jugendgerechten Orten im öffentlichen Raum. Mit einer großen Befragung aller Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit in Bonn wurde eine Analyse der Vernetzungen und Kooperation untereinander sowie zu Schulen mit unterschiedlichen Ganztagstangeboten (Offener Ganztag, Gebundener Ganztag) und anderen Einrichtungen durchgeführt.
Das Projekt BILDUNG(S)GESTALTEN hat in Bonn an vielen Stellen Impulse für eine fachlich fundierte Entwicklung von sozialräumlichen Bildungslandschaften gegeben, welche es auch in Zukunft von den Akteur_innen vor Ort aufzugreifen, weiterzuentwickeln und anzupassen gilt. Organisiert durch die beteiligten Träger wird es auch nach Projektende einen offenen „Runden Tisch Partizipation/Freiräume“ geben, um die Bildungslandschaften Bonns mit Hilfe der gesammelten Erfahrungen und vielen neuen Ideen durch weitere Freiräume zu bereichern. Nicht zuletzt der interessierte Besuch des Arbeitskreises Kinder, Jugend & Familien der CDU Landtagsfraktion am Standort Bonn hat die Motivation für die Weiterführung der fachlichen Auseinandersetzung, auch nach Projektende positiv beeinflusst. Umgekehrt wurde der Besuch gut genutzt, um die eigene Position und Fachdebatte sowie dessen Stellenwert für den Standort Bonn zu präsentieren.
Als Projektkoordinatorin am Standort Bonn war Frau Claudia Werker (Diplom-Pädagogin) eingestellt.
Eine Auswahl der Angebote in Bonn