In Fortführung des erfolgreichen Projektes „Council Dialog mit Hauptschüler_innen“ 2013 wurde von der Lieselotte-Rauner-Schule in Bochum-Wattenscheid erneut eine Anfrage nach einem ganztägigen Kompetenztraining an die Standortkoordinatorin gestellt. Über eine klassenbezogene Aktivität mit kommunikativen, motivierenden und partizipativen Elementen sollte ein Versuch gestartet werden, die Klasse in einem offenen Prozess und aus sich heraus mit der Thematik Konfliktlösung und gruppendynamische Prozesse zu befassen. Der hierarchiefreie Dialog schien den Fachkräften hier in Vorgesprächen ein angemessener Ansatzpunkt zu sein. Sie eröffnet durch eine freiwillige, zweckfreie und wertschätzende Sprechkultur die Möglichkeit einer unbelasteten Kommunikation, um z.B. wie hier Klassensituationen thematisieren, Konflikte ansprechen und betrachten zu können. Das Ziel ist dabei nicht vorrangig eine Lösung oder Vereinbarung zu erreichen, sondern im Austausch von Positionen und Begründungen Verständnis für sich und andere, Beziehungen und soziale Integration zu fördern.
Die Dialogbegleiterin gestaltet einen Einstieg, verkörpert die Sprechkultur und gewährleistet den gegenseitigen Respekt untereinander und die Beteiligungsmöglichkeit aller Anwesenden.
Im Kinder- und Jugendfreizeithaus Klecks bot die Standortkoordinatorin und ausgebildete Dialogbegleiterin im Rahmen von BILDUNG(S)GESTALTEN / Netzwerk HATWATT ein ganztägiges, vielseitiges und ganzheitlich orientiertes Angebot für die Schüler_innen an, das über verschiedene Methoden wichtige Erfahrungen aus dem Schulalltag für die Jugendlichen erfahrbar und thematisierbar machte.
Die Einführung des Dialoges als aufmerksamen und fairen Austausch erfolgte gegenüber den Schüler_innen in einer Form, die ihnen diese Gesprächsform als Freiraum anbot, den es zu erkunden und zu gestalten galt. Der Abenteuercharakter, der neue Umgang mit den Sprechgegenständen, die Kreisformation, der Anspruch „von sich selbst“ zu sprechen wurde mit einer hohen Wertigkeit dargestellt – insbesondere gegenüber den einzuhaltenden Regeln. Allmählich wuchs das Empfinden für den dargebotenen Freiraum, den jede_r persönlich ausfüllen und nutzen konnte, um die eigenen Gedanken und Gefühle in die Gruppe zu kommunizieren. So wurden viele Alltagsaspekte des Schullebens angesprochen, die Einzelnen besonders wichtig waren.
Ein Input zur Positionierung zu bestimmten Aussagen von „wichtig“ bis „unwichtig“ half den Beteiligten, über eine Beschreibung von Aspekten oder Situationen hinaus ihren Standpunkt und ihre Bewertung individuell zu begründen. Lehrerinnen wie Teamer_innen konnten eine hohe Aufmerksamkeit der Schüler_innen füreinander als Individuen wahrnehmen. Die Schüler_innen untereinander zeigten wachsendes Interesse an Mitteilungen der anderen und hörten sich intensiv zu.
Der Kompetenztag im Kinder- und Jugendfreizeithaus Klecks bot den teilnehmenden Schüler_innen aber auch die Möglichkeit, auf einer völlig anderen Ebene miteinander zu interagieren, ihre Grenzen kennenzulernen und in gegenseitiger Unterstützung zu überschreiten. Die Standortkoordinatorin und das Klecks-Jugendteam boten hierzu einen Slackline-Parcours an. Diese für die meisten ungewohnte Herausforderung sprach einerseits den Ehrgeiz etlicher Schüler_innen an, erforderte in der Praxis dann aber doch hohes Geschick, Konzentrationsfähigkeit und Gleichgewichtsempfinden. Für die meisten war die Bewältigung dann auch erst nur mit Hilfestellung realisierbar, was natürlich von den Schüler_innen selbst geleistet werden musste. Dabei traten dann auch die unterschiedlichen Beziehungsaspekte und das Maß an Vertrauen untereinander zutage, die aber im Sinne von „Jedem soll die Bewältigung ermöglicht werden“ und „Jeder hilft jedem“ irgendwie zielführend organisiert werden mussten. Der unvermeidliche Rollentausch als Führender und Geführter half dabei, anfängliche Abwehrhaltungen aufzuweichen.
Selbst ein Mädchen, das nach Aussagen der Klassenlehrerin eine Außenseiterrolle hat, konnte nach zögerlichen Schritten und motiviert durch das Team sowie einzelner Mitschüler_innen ihre Grenzen überschreiten und schließlich stolz und selbstbewusst allein über die Slackline laufen. In einer Zwischenreflexion wurde betont, wie wichtig auch das Lob der Gruppe bzw. der Schüler_innen füreinander ist. Die Übungen unterstützen dabei, die Fähigkeiten und Stärken sowohl bei sich selber erfahrbar zu machen als auch diese bei den Mitschüler_innen wahrzunehmen und wertzuschätzen.
Zum Thema Anderssein und Ausgrenzung las die Standortkoordinatorin weiterhin ein Kapitel aus dem Buch „Die unerhörte Geschichte des Alex Woods oder warum das Universum keinen Plan hat“ vor. Es machte die Schüler nachdenklich, so dass ein Junge anschließend in der Gruppe berichtete, dass auch er sich ausgegrenzt fühlt, weil sein Bruder behindert ist und er oft unsicher sei, wenn Mitschüler_innen zu ihm nach Hause kommen.
Beide Klassenlehrerinnen sowie die Schüler_innen gaben zum Abschluss des Tages ein positives Feedback. Das ganztägige Angebot außerhalb der Schule förderte letztendlich eine gelassene und freie aber durchaus auch ernsthafte Atmosphäre, in der sich alle Teilnehmenden wohl fühlten und motiviert beteiligten.
In einem fachlichen Nachgespräch äußerten die Klassenlehrerinnen ihre Befürchtungen im Hinblick auf das Gruppengefühl der Schüler_innen, da die drei Klassen des 6. Jahrgangs zum neuen Schuljahr aufgeteilt werden sollen, um über 20 Schüler_innen der Realschule aufnehmen zu können. Da die Resonanz nach der Durchführung des Kompetenztages auf allen Seiten sehr positiv war und starke Veränderungen im darauf folgenden Schuljahr zu erwarten sind, wurde beschlossen, nochmals Ende Oktober 2014 ein vergleichbares Angebot für eine neu zusammengesetzte 7. Klasse durch die Standortkoordinatorin durchzuführen.
Kooperationspartner
Liselotte-Rauner-Schule, Schulsozialarbeiterin, Lehrerin, Standortkoordinatorin
Laufzeit
Tagesveranstaltungen in 2014
Beziehung/ Beziehungsarbeit/ personales Angebot/ Begegnung, Identität/ Ich-Stärkung/ Identifikation, informelles Lernen/ non-formales Lernen/ Lernen, Motivation/ Motivationsarbeit/ Aktivierung, Multiprofessionalität/ multiprofessionelles Team/ Teamentwicklung, Networking/ Dialog/ Austausch/ Kommunikation/ Netzwerk/ Netzwerkarbeit, Problemlösung/ Konfliktlösung/ Konfliktbearbeitung, Schulsozialarbeit/ Schule/ OGA/ KiTa, Unterstützung/ Beratung/ (Kinder-)schutz/ Sensibilisierung/ Begleitung/ Förderung, Vernetzung mit Schule/ Koop mit Schule, Werte/ Haltung/ Regeln/ Wertschätzung