…zu den Annahmen des Projektes
Qualität der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung
Das Projekt BILDUNG(S)GESTALTEN basierte auf der Annahme, dass Fachkräfte der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung aufgrund ihrer zentralen Arbeitsprinzipien von Sozialraumorientierung , Subjektorientierung und Partizipation (vgl. inhaltliche Gestaltung von BILDUND(S)GESTALTEN) besonders qualifiziert dafür sind, bei der Weiter-/ Entwicklung von Bildungslandschaften im Sozialraum koordinierende Funktionen zu übernehmen. Dies gilt insbesondere wenn es um die Befähigung junger Menschen zu einer selbstständigen Gestaltung ihrer Lebensführung über Schulerfolg und Beschäftigungsbefähigung hinausgeht.
Diese Annahme konnte sich in der Projektpraxis bestätigen:
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- Gerade die Erfahrungen mit sozialräumlichen Ansätzen erwiesen sich in der praktischen Vernetzungsarbeit als äußerst hilfreich, weil praktikabel und leistbar.
- Von hervorzuhebender Bedeutung war der Auftrag der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung zur Förderung junger Menschen und ihrer Familien unabhängig von ihrer Leistungsfähigkeit und Schüler_innenrolle. Der damit fachliche Fokus half, das vereinbarte vereinte Handeln im Sinne der Kinder und Jugendlichen einzuhalten. Gerade für den Abbau von Konkurrenzen unter den lokalen Akteur_innen, aber auch im Umgang mit Konflikten insgesamt, spielte diese gemeinsame Ausrichtung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die wiederum ist die Voraussetzung, um tatsächlich eine Zusammenarbeit von neuer Qualität für die Adressat_innen erreichen zu können. Die individuelle Ausrichtung auf den jungen Menschen und seine Familien lässt sich damit als wertvolles Alleinstellungsmerkmal der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung bestätigen.
- Ebenfalls wurde der Wert dieser fachlichen Perspektive bei der Identifikation von Fortbildungsbedarfen im Bereich Kinder, Jugend und Familie deutlich. Insgesamt ließ sich ein großes Interesse an Fachveranstaltungen zu diesen Themen verzeichnen. Da ihnen die relevanten Themenfelder und möglichen Referent_innen weitestgehend vertraut sind, waren die Koordinator_innen aus der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung sehr gut qualifiziert, um die Organisation von Vorträgen und Workshops zur Qualifizierung der Kooperationspartner_innen zu übernehmen. Gleichzeitig wurde damit die Annahme bekräftigt, dass nicht nur junge Menschen und ihre Familien Kommunale Bildungslandschaften brauchen, sondern auch die lokalen Bildungsakteur_innen, die mit ihnen arbeiten (vgl. inhaltliche Gestaltung/Ansätze/Vernetzung).
- Auch die dritte Annahme im Kontext von Qualität und Offener Kinder- und Jugendarbeit und Familienbildung lässt sich durch die Projektpraxis bestätigen, nämlich dass sie sich durch die Vernetzung auch selber verbessern. Das ist sowohl mit Blick auf ihren Auftrag zur bestmöglichen Förderung der jungen Menschen und Familien vor Ort als auch mit Blick auf die Kommunalen Bildungslandschaften insgesamt von großer Bedeutung. Durch die Vernetzung berichteten die Fachkräfte von einem multiperspektivischen Blick auf ihre Adressat_innen, der der Komplexität ihres Aufwachsens besser entspricht. Zudem wurde ihnen ein Rahmen zur systematischen Reflexion ihrer Arbeit mit den jungen Menschen sowie zur Feststellung von notwendigen Fortbildungsbedarfen zur Verfügung gestellt. Gerade in den vielen Einrichtungen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung, die mit nur einer Fachkraft besetzt sind, ist solch ein Rahmen wichtig – zumal deutlich wurde, dass die öffentlichen Strukturen oft nicht stark genug entwickelt oder nicht inhaltlich genug angelegt sind, um für die nötige Abhilfe zu sorgen. Auch wurden die Vernetzungskompetenzen erheblich gestärkt.
- Abschließend ist festzuhalten, dass der fachliche Fokus der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung für die Gestaltung von Kommunalen Bildungslandschaften äußerst förderlich ist. Er hilft dabei, die Bildungsvernetzung so auszurichten, dass sich die anvisierte neue Qualität für die jungen Menschen und Familien erzielen lässt. Die Bildungsvernetzung wiederum trägt dazu bei, dass der Auftrag der bestmöglichen Förderung der Adressat_innen besser erfüllt werden kann, als es Offene Kinder- und Jugendarbeit und Familienbildung alleine könnten. Allerdings ist der Qualitätsgewinn für Adressat_innen und Fachkräfte nicht zum Nulltarif zu haben! Moderierte Netzwerktreffen sowie die gemeinsame Durchführung von Projekten und multiprofessionelle Fachveranstaltungen sind ohne entsprechende Ressourcen nicht zu leisten und müssen gefördert werden.
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Sozialraum
Der Sozialraum war im Projekt BILDUNG(S)GESTALTEN die räumliche Bezugsgröße zur Verbesserung der Bedingungen des Aufwachsens von Kindern und Jugendlichen. Schließlich gründet es auf der Annahme, dass die Gestaltung bedarfsorientierter Bildungslandschaften auf jenen Maßstabsebenen ansetzen muss, die sich in der Lebenswelt der Kinder und Jugendlichen und damit auch in ihren Bedürfnissen abbilden, nämlich in „ihrem Viertel“, in „ihrer Straße“. Dementsprechend wird eine Verbesserung der Lern- und Lebensmöglichkeiten vor allem in der kleinräumigen Ausschöpfung der Potenziale vor Ort gesehen. Wenn es darum gehen soll, die Belange der Bevölkerung einzufangen und sie dabei zu unterstützen diese umzusetzen, kann der räumliche Bezugspunkt dabei nur kleinräumig, im Sozialraum angesetzt werden – da wo die Menschen leben und Bildung stattfindet (vgl. inhaltliche Gestaltung/Annahmen/Sozialraumorientierung).
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- Im Projekt hat es sich als vorteilhaft für die Vernetzungsarbeit herausgestellt, wenn Kommunen bereits klar definierte Sozialräume ausgewiesen haben. Die Strukturen sind zurzeit an den Standorten jedoch noch sehr unterschiedlich weit entwickelt.
- Weiterhin stellten bestehende Netzwerke, die sich in ihrer Arbeit einem Sozialraum zugeordnet hatten, wichtige Anknüpfungspunkte für die Arbeit vor Ort dar, da sie sowohl den Einstieg als auch die Weiterarbeit an den kleinräumigen Bildungslandschaften erleichterten.
- Optimal ist, wenn sich die administrative Einteilung mit den funktionalen Strukturen deckt. Bei der Gestaltung von Kommunalen Bildungslandschaften kann es folglich nicht darum gehen Strukturen von oben zu bestimmen, sondern diese von den Akteur_innen vor Ort, den Expert_innen des Stadtteils „bottom up“ entwickeln zu lassen. Die Aufteilung muss dabei unter organisatorischen Gesichtspunkten sinnvoll sein. Unbedingt zu berücksichtigen sind weiterhin Faktoren wie die Einzugsgebiete der Einrichtungen, schließlich macht sozialräumliche Vernetzung für sie nur Sinn, wenn die Ressourcen, die sie einbringen, auch ihrer Zielgruppe zugutekommen. Ein guter sozialräumlicher Zuschnitt zeichnet sich nicht zuletzt dadurch aus, dass die institutionellen Bedarfe mit den Bedürfnissen der Adressat_innen in Einklang gebracht werden. Da sich Bedürfnisse und Einrichtungen verändern, sollte er aber nicht festgeschrieben, sondern veränderbar gehalten werden.
- Um eine sinnvolle Aufteilung (weiter) zu befördern, haben sich im Projekt unterschiedliche Methoden und Instrumente bewährt, die einen besseren Einblick in die Bedingungen vor Ort ermöglichten: beispielsweise Sozialraumbegehungen, Lebensweltanalysen oder aktivierende Befragungen. Dadurch sind neue Potenziale aufgezeigt und innovative Projekte durch die Basis entstanden. Die Analyse der Stärken und Schwächen des Sozialraumes, das Ausarbeiten einer gemeinsamen Vision und das Planen und Umsetzen von Projekten war ein wesentlicher Bestandteil, der die Entwicklungen hin zu Verantwortungsgemeinschaften unterstützt hat.
- Die Gestaltung des Sozialraumes durch Kinder und Jugendliche mit den pädagogischen Akteur_innen eröffnete tatsächlich Möglichkeiten des Aneignens des öffentlichen Raumes und bedeutet ihre Einbeziehung in die Verantwortungsgemeinschaft und damit die Beteiligung an den Entwicklungen vor Ort.
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Partizipation
Dass Partizipation im Sinne einer frühzeitigen und umfassenden Beteiligung aller relevanten Gruppen auf sämtlichen Ebenen ein unverzichtbares Element für die Gestaltung bedarfsorientierter Bildungslandschaften ist, gehört zu den zentralen Annahmen des Projektes (vgl. inhaltliche Gestaltung/Annahmen/Partizipation). Die unterschiedlichen Bildungsakteur_innen können sich mit je spezifischem Auftrag nur durch Beteiligung zu einer sozialräumlichen Verantwortungsgemeinschaft entwickeln, die auf eine gerechtere Verteilung von Bildungschancen hinwirkt. Der spezielle Fokus gilt aus Perspektive der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung natürlich der Beteiligung von Kindern und Jugendlichen sowie ihren Familien. Einmal, da sie als Adressat_innen am stärksten betroffen sind, und einmal mehr, da sie aufgrund fehlender Mobilität besonders darauf angewiesen sind, dass ihr sozialer Nahraum anregend gestaltet ist.
Dass die Adressat_innen die größten Expert_innen für ihre eigenen Belange sind, hat sich im Projekt durchweg bestätigt. Obwohl an den fünf Standorten mit teils sehr unterschiedlichen Beteiligungsmethoden wie Zukunftswerkstätten, aktivierenden Befragungen, Sozialraumerkundungen etc. gearbeitet wurde, lassen sich vergleichbare Erfahrungen und Ergebnisse festhalten.
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- Junge Menschen und ihre Eltern sind durchaus interessiert und in der Lage, ihre Bedürfnisse zum Ausdruck zu bringen. Beteiligungsprojekte erhöhten ihre Identifikation mit dem eigenen Nahraum und konnten gerade junge Menschen als aktive Bürger_innen gewinnen, verantwortungsvolle Aufgaben im Stadtteil zu übernehmen sowie Projekte zu planen und umzusetzen. Sie zeigten, dass sie Bildungsprozesse am Ort ihres Aufwachsens für sich und für andere aktiv mitgestalten und vom Objekt der Bildungsbestrebungen zu Gestalter_innen von Bildungsprozessen werden. Dafür muss ihnen jedoch ein angemessener Rahmen zur Verfügung gestellt und ernsthaft zugehört werden.
- Der hohe Anspruch an umfassende Beteiligung erfordert sensibilisierte und qualifizierte Fachkräfte – ganz besonders bei sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen, deren Beteiligung als sehr wichtig, aber als auch sehr schwierig angesehen wird. Der Ausgangspunkt der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung als Impulsgeber_innen der Beteiligungsprozesse erwies sich als ausgesprochen geeignet. Schwierige Sachverhalte einfach und zielgruppengerecht zu vermitteln, Bedürfnisse der Zielgruppe adäquat aufzunehmen und verschiedene Methoden zur Anwendung zu bringen, sind vorauszusetzende Arbeitsprinzipien für gelungene Partizipation und zugleich Kernkompetenzen der Offenen Kinder- und Jugendarbeit und der Familienbildung.
- Es zeigte sich jedoch ebenfalls, dass Partizipation innerhalb der Entwicklung von Bildungsprozessen noch in den Kinderschuhen steckt. Viele Instrumente der Projektförderung genügen in ihrer aktuellen Gestaltung nicht den Ansprüchen, die die Offene Kinder- und Jugendarbeit und die Familienbildung an direkte Beteiligung haben (vgl. Ergebnisse/Ansprüche/Förderstrukturen). Vielerorts werden Kinder und Jugendliche nur punktuell und zuweilen halbherzig am Gestaltungsprozess beteiligt. Außerdem zeigte sich im Rahmen des Projektes, dass die Bedingungen für echte Partizipation nicht gegeben sind. So sind viele Entscheidungen und Maßnahmen im Sinne der jungen Menschen angesichts der knappen kommunalen Haushalte nicht durchsetzbar, selbst wenn es starke fachliche Argumente dafür gibt.
- Um eine Partizipationskultur nachhaltig in der (Weiter-)Entwicklung von Kommunalen Bildungslandschaften verankern zu können, muss die Relevanz des Beteiligungsprozesses „an sich“ als wichtiges Instrument zur Stadtteilgestaltung und dem Abbau von Bildungsbenachteiligung gegenüber allen Entscheidungsträger_innen in Politik und Verwaltung verdeutlicht werden. Zudem gilt es mit Blick auf die bisherigen Widersprüche, die gegenwärtigen Bedingungen fachlich zu problematisieren und für die Schaffung angemessener Bedingungen einzutreten.
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